Diese Berufs- und Ehrenordnung gibt die allgemeine Berufsauffassung über die Rechte und Pflichten von Schriftdolmetscher*innen sowie deren Umgang untereinander wieder. Sie kann nicht erschöpfend sein und befreit nicht von der Pflicht, in eigener Verantwortung zu handeln und dabei den Sinn der Berufs- und Ehrenordnung zu beachten.
1. Allgemeine Berufspflichten
- Schriftdolmetscher*innen üben ihren Beruf unabhängig, professionell, gewissenhaft, unparteiisch und verschwiegen aus. Sie haben sich der Achtung und des Vertrauens, welche die Stellung und die Aufgabe der Dolmetschenden erfordern, würdig zu erweisen.
- Des Weiteren dürfen sie das Ansehen ihres Berufsbildes und des Berufsstandes nicht gefährden. Dies gilt insbesondere bei der täglichen Berufsausübung, aber auch bei öffentlichen Äußerungen unter der Nennung der Berufsbezeichnung.
2. Eigenverantwortlichkeit
- Schriftdolmetscher*innen üben ihre Tätigkeit in eigener Verantwortung aus. Dies erfordert, dass die Schriftdolmetscher*innen sich ein eigenes Urteil bilden und ihre Entscheidung selbst treffen. Dies gilt auch für die Tätigkeit von angestellten Schriftdolmetscher*innen.
- Schriftdolmetscher*innen können eine Pflichtverletzung nicht damit entschuldigen, dass sie nach der Weisung eines*einer Dritten, insbesondere eines*einer Auftraggeber*in gehandelt hätten.
3. Fort- und Weiterbildung
Schriftdolmetscher*innen tragen durch Fort- und Weiterbildung für den Erhalt und die Erweiterung ihrer beruflichen Qualifikation Sorge.
4. Auftragsannahme und Auftragsablehnung
- Schriftdolmetscher*innen sind in der Annahme eines Auftrages frei.
- Schriftdolmetscher*innen nehmen nach bestem Wissen und Gewissen nur solche Aufträge an, bei denen sie ihre berufliche Unabhängigkeit nicht gefährdet sehen.
- Schriftdolmetscher*innen werden nicht tätig, wenn sie in einer strittigen Angelegenheit bereits von anderen Beteiligten in Anspruch genommen wurden oder werden und wenn sie dadurch in eine Interessenkollision geraten.
- Schriftdolmetscher*innen werden nicht tätig, wenn sie sich bei ihrer Tätigkeit genötigt sehen, gegen ihre Berufspflicht, ein Gesetz oder die Berufs- und Ehrenordnung zu verstoßen.
- Die Ablehnung eines Auftrages erklären Schriftdolmetscher*innen unverzüglich.
5. Auftragserfüllung
- Schriftdolmetscher*innen handeln bei der Auftragserfüllung nach bestem Wissen und Gewissen.
- Schriftdolmetscher*innen werden nur in solchen Schriftdolmetscherverfahren, Fachgebieten sowie Sprachen tätig, in denen sie über ausreichende Kenntnisse verfügen bzw. sich diese im Rahmen der Vorbereitung verschaffen können. Auch tragen sie dafür Sorge, dass sie die für den jeweiligen Auftrag erforderlichen Arbeitstechniken und technischen Hilfsmittel beherrschen.
- Sobald Schriftdolmetscher*innen erkennen, dass ein Auftrag ihre zum Auftragszeitpunkt vorhandenen Fähigkeiten übersteigt, bringen sie dies allen Beteiligten zur Kenntnis.
- Schriftdolmetscher*innen halten ihre Terminvereinbarungen ein. Ist ihnen dies aus zwingenden Gründen nicht möglich, so informieren sie die Beteiligten rechtzeitig und pünktlich und bemühen sich, sofern keine Vermittlungsstelle den Auftrag erteilt hat, um gleichwertigen Ersatz.
6. Verschwiegenheit
- Schriftdolmetscher*innen verpflichten sich, über alles, was ihnen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit anvertraut worden oder bekannt geworden ist, Verschwiegenheit zu wahren, soweit nicht ein Gesetz oder Grundsätze der Rechtsprechung Ausnahmen zulassen. Diese Verpflichtung besteht nach der Beendigung des Auftrags fort und gilt auch gegenüber denjenigen, denen die betreffenden Tatsachen bereits von anderer Seite mitgeteilt worden sind.
- Alle Datenaufzeichnungen, die für und während eines Auftrags erfolgen, werden nach Beendigung des Auftrags dauerhaft gelöscht. Ausnahmen regelt die vom DSB noch zu erstellende Empfehlung zur Verwendung von Mitschriften.
- Von der Pflicht zur Verschwiegenheit kann ein*e Schriftdolmetscher*in nach geltenden gesetzlichen Bestimmungen entbunden werden.
7. Kollegialität
- Schriftdolmetscher*innen dürfen das Ansehen ihres Berufsstandes durch ihr Verhalten nicht gefährden. Sie enthalten sich unsachlicher Angriffe auf die Person anderer Berufsangehöriger in Wort und Schrift.
- Sie bewahren bei der Beurteilung der Leistung und Honorargestaltung ihrer Berufskolleg*innen taktvolle Zurückhaltung. Kritik an einer fehlerhaften Arbeit ist ohne Schärfe und zunächst direkt gegenüber dem*der betroffenen Kolleg*in vorzubringen.
- Arbeiten Schriftdolmetscher*innen als Angestellte einer Vermittlungsagentur, so sind Kritik und Kundenbeschwerden im Rahmen eines Konfliktgesprächs oder einer anderen Vermittlungsstelle mit den betreffenden Kolleg*innen und der Leitung einer Lösung zuzuführen.
8. Wettbewerb
- Schriftdolmetscher*innen enthalten sich jeglicher Form unlauteren Wettbewerbs
- Schriftdolmetscher*innen enthalten sich aller Maßnahmen, die geeignet sind, Berufskolleg*innen aus einem Auftrag zu verdrängen.
- Schriftdolmetscher*innen versuchen nicht, Mitbewerber*innen zu verdrängen, indem sie die üblichen Honorarsätze planmäßig und gezielt unterbieten.
- Schriftdolmetscher*innen verwenden nur solche Berufsbezeichnungen und Titel, zu deren Führung sie nach dem Bestimmungen der Gesetze berechtigt sind. Sie benutzen keine irreführenden Titel.