Schriftdolmetscher*in Werden – Wie Man die Richtige Ausbildung Finden Kann

Du möchtest Schriftdolmetscher*in werden? Drei Fragen helfen dir bei der Auswahl der passenden Weiterbildung.

Schriftdolmetschen ist ein toller Beruf. Du kommst viel herum oder arbeitest konzentriert vom eigenen Schreibtisch aus – deine Entscheidung. Du hast den ganzen Tag mit spannenden Themen und interessanten (und netten!) Menschen zu tun. Und in den meisten Fällen siehst du direkt, welche Wirkung deine Arbeit hat. Kein Wunder, dass der häufigste Anfragetyp, den wir als Berufsverband der Schriftdolmetscher*innen Deutschlands bekommen, mit den Ausbildungsmöglichkeiten zu tun hat.

Als Berufsverband können und wollen wir allerdings keine Empfehlungen zu einzelnen Weiterbildungs-Anbietern abgeben, zumal auch einige unserer Mitglieder Weiterbildungen anbieten. Aber wir wissen aus eigener langjähriger Erfahrung und aus Gesprächen mit unseren Kolleg*innen, worauf es bei der Auswahl eines Anbieters ankommt.

Drei einfache Fragen helfen dir weiter:

Frage 1: Endet die Weiterbildung mit einer Prüfung und bekomme ich, wenn ich bestehe, ein – möglichst in ganz Deutschland – anerkanntes Zertifikat?

Die erste Frage, die du stellen solltest, bezieht sich tatsächlich nicht auf den Kursinhalt, sondern auf das Zertifikat, das am Ende des Kurses steht. Ohne anerkanntes Zertifikat ist nämlich alles nichts.Und wenn man (auch) online arbeiten möchte, ist ein Zertifikat, das nur in einer bestimmten Region anerkannt ist, nicht ausreichend.

Tatsächlich gibt es immer wieder Einsätze für privatwirtschaftliche Kunden, aber in der Regel wird unsere Arbeit von sozialen Trägern als Kostenträgern finanziert: im Bildungsbereich (Schule, Hochschule, Ausbildung), im Arbeitsleben (dazu gehören auch Weiterbildungen), bei Ämtern und im Gesundheitswesen. Diese Kostenträger geben Stundensätze in Abhängigkeit von Qualifikationsstufen vor. Die Mindestvoraussetzung ist das „anerkannte Zertifikat“. Ohne dieses wird in den meisten Fällen gar nichts bezahlt. Und natürlich erwarten auch privatwirtschaftliche Kund*innen, dass alle, die sich „Schriftdolmetscher*in” nennen, sich im branchenüblichen Rahmen für diesen Beruf qualifiziert haben.

Als „anerkannt“ gilt ein Zertifikat dann, wenn es auf der Liste der BIH, der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen, steht. Diese Liste findet man in den Merkblättern mit den Konditionen für Schrift- und Gebärdensprachdolmetscher*innen, die von den Bundesländern herausgegeben werden. Auf den aktuellen, uns vorliegenden Merkblättern finden sich neben einigen Anbietern, die es so nicht mehr gibt oder die nicht mehr in der Schriftdolmetscherausbildung tätig sind

  • der Deutsche Schwerhörigenbund e. V. (DSB)
  • die Kombia GbR
  • und in einigen Bundesländern auch das SDI München.

Termine für den jeweils nächsten geplanten Weiterbildungsgang finden sich auf den Webseiten der Anbieter.

Frage 2: Beinhaltet die Weiterbildung alles, was ich brauche, um als Schriftdolmetscher*in zu starten?

Schriftdolmetschen ist in einem gewissen Maß ein Handwerk, das Routine erfordert. Griffsicherheit (bei der Tastatur-Methode) und die richtige Sprechtechnik (für die Arbeit mit sprecherabhängiger Spracherkennung) kann und muss regelmäßig trainiert werden. Die Entwicklung eines ausreichenden Makro- und Kürzelvokabulars nimmt einige Zeit in Anspruch (und hört ein Berufsleben lang nie auf). Und auch der Technik-Aufbau in unterschiedlichen Settings unter Zeitdruck und mit Ablenkung muss wieder und wieder geübt werden, damit man in der echten Einsatz-Situation entspannt dolmetschbereit ist, wenn es losgehen soll.

Erfahrungsgemäß dauert es rund neun Monate, bis man ein Niveau erreicht hat, das praxistauglich ist. In dieser Zeit finden nicht nur die Kontaktzeiten und das Selbststudium, vor allem in Form von Trainings, statt, sondern auch reflektierte Praktika, begleitet von erfahrenden Schriftdolmetscher*innen. Vor allem diese Praktikumseinsätze sowie ausreichend hohe Prüfungsanforderungen tragen dazu bei, dass man im Anschluss mit dem notwendigen Selbstbewusstsein in echte Einsätze starten kann. Darüber hinaus lassen sich im Rahmen von Praktika erste Kontakte und Netzwerke aufbauen, die später wichtig sind, um einen Einstieg in den Beruf zu finden.

Wir möchten an dieser Stelle kein komplettes Curriculum vorgeben. Translations- und Sprachwissenschaft gehört auf jeden Fall ebenso dazu wie Berufskunde, rechtliche und betriebswirtschaftliche Grundlagen.

Ganz wichtig ist die Frage, ob und wie unsere Nutzer*innen in den jeweiligen Kurs mit eingebunden sind. Schriftdolmetscher*innen ermöglichen Kommunikation zwischen Menschen mit Fokus auf die Bedürfnisse und Bedarfe von Menschen mit Hörbeeinträchtigung. Im Sinne von „Nichts über uns ohne uns“ als Grundpfeiler nicht nur repräsentativer Demokratie, sondern insbesondere auch der UN-Behindertenrechtskonvention, sollten Themen wie Hörschädigung, Kommunikation mit Hörgeschädigten, Hörgeschädigten-Psychologie und Geschichte der Hörschädigung in Deutschland/Europa/weltweit von den Betroffenen selbst als Experten in eigener Sache vermittelt werden. Dazu gehört auch das Feedback zur individuellen Dolmetschleistung direkt von Nutzer-Seite. Nur von unseren Nutzer*innen können wir lernen, wie unsere Arbeit tatsächlich Nutzen bringen kann.

Frage 3: Wer leitet die Weiterbildung und welche Qualifikationen bringen die Dozent*innen mit?

Wann und von wem wurden das Curriculum und die Unterrichtsinhalte entwickelt? Welche formale didaktische Qualifikation haben die Menschen, die hinter diesem Angebot stehen? Wie lange sind oder waren sie als Schriftdolmetscher*innen tätig? Werden die Unterrichtsinhalte regelmäßig überprüft und überarbeitet? Gibt es Peer Reviews oder einen Beirat?

Es gibt immer Spezial- und Einzelthemen, für die man Gastdozent*innen einladen kann, die für dieses eine Thema eine Expertise haben, ohne ausgebildete Dozent*innen zu sein. Das Kern-Team hingegen sollte mindestens fünf Jahre Berufserfahrung im Schriftdolmetschen (bzw. in der Peer-Beratung im Bereich Hörschädigung, Audiologie o. ä.) sowie eine formale didaktische Qualifikation mitbringen, um eine fundierte und praxisnahe Ausbildung zu gewährleisten.

Welche konkrete Weiterbildung letztendlich zu dir und für dich passt, ist eine ganz individuelle Entscheidung. Dazu gehört neben transparenten Antworten auf die obigen drei Fragen auch ein gutes Bauchgefühl nach einem Kennenlerngespräch mit dem Anbieter. Und nicht zuletzt: Sprich mit anderen Schriftdolmetscher*innen und frag nach ihren Erfahrungen und Empfehlungen! Eine Liste von qualifizierten und aktiven Schriftdolmetscher*innen findest du auf unserer Website: bsd-ev.org/register.

Feste Termine für die Staatliche Prüfung zur Schriftdolmetscherin / zum Schriftdolmetscher für Laut- und Schriftsprache bei der Lehrkräfteakademie Hessen

Die Hessische Lehrkräfteakademie und die Prüfungskommission für die Staatliche Prüfung der Schriftdolmetscher*innen haben beschlossen, künftig pro Jahr nur noch einen Prüfungstermin für die Staatliche Prüfung zum Schriftdolmetscher / zur Schriftdolmetscherin für Laut- und Schriftsprache anzubieten.

Darüber hinaus gibt es nun feste Prüfungstage, so dass die Termine verlässlich für alle Seiten planbar sind.

Meldeschluss für die Anmeldung zur staatlichen Prüfung ist in jedem Jahr der 1. Mai.

Die Prüfungen finden nach rechtzeitig erfolgter Meldung zu den folgenden Zeiten statt:
Der schriftliche Teil der Prüfung am 1. Donnerstag im September,
der mündliche Teil der Prüfung am 2. Donnerstag im Oktober.

Weitere Informationen zur Staatlichen Prüfung unter:
https://lehrkraefteakademie.hessen.de/besondere-staatliche-pruefungen/pruefungsangebot/schriftdolmetscherin-und-schriftdolmetscher

Empfehlungen für den Nachweis der angefallenen Plattformgebühren bei Online-Schriftdolmetscherleistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben

Online-Einsätze sind nicht erst seit der Corona-Pandemie Schriftdolmetscher-Alltag. Darum begrüßen wir als Berufsverband der Schriftdolmetscher*innen Deutschlands e. V. die Entwicklung, dass Mitglieder der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH) e. V. die Kosten für dedizierte Online-Schriftdolmetsch-Plattformen (sog. „Plattformgebühren“) in ihre Empfehlungen und Merkblätter zur Honorierung von Schriftdolmetscher-Leistungen explizit mit aufnehmen. Wir erkennen auch an, dass der Anfall dieser Kosten in einer geeigneten Form bei der Abrechnung nachgewiesen werden muss.

Als geeignete Form empfiehlt der BSD:

  1. Abrechnung der Plattformkosten zentral über den*die jeweils koordinierende Schriftdolmetscher*in (SD), auch wenn diese (z.B. bei Dauer-Aufträgen) nicht an jedem einzelnen Einsatz selbst beteiligt ist. Die zentrale Abrechnung verringert die Aufwände bei SDs, Plattform-Anbietern und Kostenträgern und gewährleistet, dass pro Einzeleinsatz nur einmal Plattformkosten abgerechnet werden.
  2. Einmalige Information an den Kostenträger, welche Plattform verwendet wird und welchen Preis der Anbieter pro angefangener halber Stunde ansetzt, z.B. über ein Preisblatt des Anbieters oder über eine beispielhafte Sammelabrechnung.
  3. Nachweis über die Nutzung einer Online-Schriftdolmetsch-Plattform bei einem konkreten Einsatz z.B. über Erfassung auf dem Einsatznachweis und/ oder Screenshot, auf dem Datum, Uhrzeit und Nutzer*innen ersichtlich sind.
  4. Die Nutzungsdauer ergibt sich logisch aus der Einsatzdauer.

Auf diese Weise wird einerseits den Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung (keine Weitergabe sensibler personenbezogener Daten der Nutzer*innen an die Plattformbetreiber, die diese Daten zur Leistungserbringung nicht benötigen) und andererseits dem berechtigten Interesse Interesse des Kostenträgers an einer transparenten Abrechnung entsprochen werden.

Bessere Kommunikation – Bessere Behandlung

Lese-Empfehlung: “Gelingende Kommunikation mit Hörbeeinträchtigten”

Autorin: Carolin Grehl, in: Heilberufe 4.2023/75 S. 41-43

Die zertifizierte Schriftdolmetscherin und Journalistin Carolin Grehl, Mitglied im Berufsverband der Schriftdolmetscher/-innen Südwestdeutschland e. V., schreibt in der Fachzeitschrift “Heilberufe” darüber, welchen Herausforderungen Menschen mit Hörbeeinträchtigung im Gesundheitssystem begegnen. Einsätze in Arztpraxen und Krankenhäusern – von Pflegeeinrichtungen ganz zu schweigen – mögen im Schriftdolmetscher-Alltag in der Minderzahl sein. Dass das Thema dennoch hochrelevant ist, zeigt unter anderem, dass der Deutsche Schwerhörigenbund e. V. in 2022 einen Kommunikationsleitfaden für Pflegekräfte veröffentlicht und mit der Ausbildung von “Pflegelotsen” begonnen hat.

Carolin Grehl hat für ihren Artikel sowohl Antje Baukhage, Vizepräsidentin des Deutschen Schwerhörigenbunds e. V. als auch Dr. Anja Rau, Mitglied im Vorstand des Bundesverbands der Schriftdolmetscher*innen Deutschlands e. V. interviewt.

“Die barrierefreie und wertschätzende Kommunikation ist […] die Voraussetzung für eine vernünftige und selbstbestimmte Gesundheitsversorgung.”

(Antje Baukhage)

Dazu können Schriftdolmetscher*innen einen wichtigen Beitrag leisten, so Baukhage.

“Es kommt vor allem darauf an, dass Patient*innen die kommunikative Autonomie behalten und das gedolmetschte Gespräch funktioniert.”

(Dr. Anja Rau)

Welche weiteren Faktoren zu einer gelingenden Kommunikation für Hörbeeinträchtigte im Gesundheitssystem beitragen, erläutert C. Grehl in ihrem Artikel, den wir hier mit freundlicher Genehmigung des Verlags zum Download anbieten: Heilberufe – Gelingende Kommunikation mit Hörbeinträchtigten (Originalquelle).

Anforderungen an Plattformen für das Online-Schriftdolmetschen

Hintergrund

Mit dem von der Corona-Pandemie in Deutschland ausgelösten Digitalisierungs-Schub haben sich Video-Konferenzen und Online-Meetings im beruflichen und privaten Alltag fest etabliert. Mit der Zunahme dieser Video-Konferenzen und Online-Meetings einerseits und den Corona-bedingten Anwesenheitsbeschränkungen auf Veranstaltungen andererseits stieg auch der Bedarf an und die Nutzung von Online-Schriftdolmetschen bzw. Live-Untertitelung, sodass diese Themen zunehmend auch für die sozialen Kostenträger an Relevanz gewonnen haben.

Schriftdolmetscher*innen als Berufsgruppe arbeiten allerdings schon seit über 10 Jahren erfolgreich online und stellen Live-Mitschriften für Menschen mit Hörbeeinträchtigung über Internetplattformen zur Verfügung und ermöglichen so Teilhabe an Kommunikation in Umfeldern, in denen Präsenz-Dolmetschen z.B. aufgrund beengter räumlicher Verhältnisse nicht praktikabel ist, oder – häufiger – wenn in der Umgebung des Veranstaltungsorts nicht ausreichend Schriftdolmetscher*innen zur Verfügung stehen, die regelmäßig mit verhältnismäßigem Aufwand anfahren können.

Für die Erbringung dieser Leistungen haben einige wenige Anbieter über die Jahre professionelle Schriftdolmetsch-Plattformen entwickelt, die sich im Einsatz bewährt haben und kontinuierlich weiterentwickelt wurden. Mit dem steigenden Bedarf seit Beginn der Corona-Pandemie sind weitere Plattformen hinzugekommen bzw. werden derzeit entwickelt. Es gibt aber auch eine Tendenz zur Umwidmung von Applikationen, die nicht für das Schriftdolmetschen entwickelt wurden und professionellen Anforderungen in diesem Kontext nicht genügen.

Die Nutzung solcher “Notlösungen” ist einerseits der Notwendigkeit geschuldet, während der ersten Lockdowns schnell und unbürokratisch Lösungen zur Verfügung stellen, und ist sicherlich auch darin begründet, dass manche Kostenträger die Kosten für professionelle Lösungen für nicht erstattungsfähig erklärt haben.

Der Berufsverband der Schriftdolmetscher*innen Deutschland im Allgemeinen und insbesondere das Ressort Qualität im BSD verstehen es als eine ihrer zentralen Aufgaben, Kriterien für eine qualitativ hochwertige Leistungserbringung zu definieren, das Qualitätsbewusstsein unter den Schriftdolmetscher*innen zu fördern und Arbeitsbedingungen zu schaffen, die das Erbringen der beruflichen Leistung auf einem angemessenen Qualitätsniveau ermöglichen. Zu Letzterem gehört auch, dass Kostenträger die regelmäßigen Aufwände erstatten, die mit der Erbringung der Leistung eng verbunden sind bzw. eine notwendige Voraussetzung für die Erbringung der Leistung darstellen.

Das Ressort Qualität im BSD hat sich eingehend mit den notwendigen Funktionen von professionellen Schriftdolmetsch-Plattformen befasst. Die folgende Liste umfasst die Grundfunktionalitäten, die sicher noch um weitere sinnvolle Funktionen ergänzt werden könnten.Dass die Entwicklung und der Betrieb von Anwendungen mit einem solchen Funktionsumfang aufwändig ist und von den Plattformbetreibern nicht kostenlos angeboten werden kann, ist leicht ersichtlich. Auch, dass Schriftdolmetscher*innen diese regelmäßig anfallenden Kosten für die Nutzung einer Dolmetschplattform für die Leistungserbringungen nicht aus dem normalen Stundenhonorar für die eigentliche Dolmetschleistung heraus erbringen können, sollte sich von selbst verstehen.

Der Berufsverband der Schriftdolmetscher*innen Deutschlands e. V. fordert die sozialen Kostenträger auf, die nachweisbar angefallenen Kosten für die Nutzung einer Schriftdolmetsch-Plattform im Rahmen von erstattungsfähigen Schriftdolmetscher-Einsätzen vollständig zu erstatten.

Anforderungen: Professionelle Schriftdolmetschplattformen

Allgemein

  • hohe Verfügbarkeit (redundantes System mit Ausfallsicherheit)
  • nahezu verzögerungsfreie Übertragung von Texten mindestens Wort-weise
  • Chat-Modul für die Kommunikation der Schriftdolmetscher*innen untereinander sowie zwischen Schriftdolmetscher*innen und Nutzer*innen

Schriftdolmetscher*innen-Frontend

  • Texteingabe mindestens über Tastatur und gängige Software für nutzerabhängige Spracherkennung, ggf. auch Computerstenografie möglich
  • Co-Editing-fähig (bei zwei oder mehr in einem Dokument aktiven Schriftdolmetscher*innen können alle Schriftdolmetscher*innen simultan und parallel Text erzeugen und editieren, um eventuell auftretende Fehler sofort zu korrigieren)
  • Größe des Eingabefensters individuell anpassbar
  • Schriftgröße, Schriftart, Schriftfarbe und Hintergrundfarbe individuell einstellbar (mit mindestens mehreren Optionen, im Idealfall alle vom genutzten Betriebssystem unterstützten Schriftarten und Farben)
  • Barrierefrei für Schriftdolmetscher*innen mit visuellen Beeinträchtigungen

Leser*innen-Frontend

  • Größe des Eingabefensters individuell anpassbar
  • Schriftgröße, Schriftart, Schriftfarbe und Hintergrundfarbe individuell einstellbar (mit mindestens mehreren Optionen, im Idealfall alle vom genutzten Betriebssystem unterstützten Schriftarten und Farben)
  • Barrierefrei für Nutzer*innen mit visuellen Beeinträchtigungen

Ton-Übertragung

Die Übertragung des Veranstaltungs-Tons muss nicht unbedingt über die Schriftdolmetsch-Plattform erfolgen. In bestimmten Fällen (z. B. Video-Konferenz, Online-Meeting) ist dies auch gar nicht möglich. Dennoch ist es sinnvoll, wenn eine Dolmetschplattform integriert oder im Paket auch die Ton-Übertragung anbietet. Soweit ein Modul zur Ton-Übertratung Teil des Angebots ist, sollte mindestens Folgendes gewährleistet sein:

  • Übertragung des Tons in zwei Richtungen (von Nutzer*in zu Schriftdolmetscher*in, von Schriftdolmetscher*in zu Schriftdolmetscher*in für Einsätze in Semi-Präsenz*)
  • Möglichkeit, für die Übertragung des Tons ein konkretes von mehreren an den Computer angeschlossenen, aktiven Mikrofonen auszuwählen (Einsatzfall: Das Mikrofon, das für Schriftdolmetschen mit sprecherabhängiger Spracherkennung verwendet wird, darf nicht gleichzeitig Ton an die Dolmetschplattform senden.)
  • Stummschaltung auf Sprecher*innen-Seite

(*Semi-Präsenz: Ein*e Schriftdolmetscher*in ist vor Ort und überträgt den Ton zu weiteren online zugeschalteten Schriftdolmetscher*innen.)

Sicherheit

Bei der IT-gestützten Verarbeitung von Inhalten (Text und Ton) müssen grundsätzlich Datenschutz und Copyright (theoretisch technisch mögliche Aufzeichnung und Vervielfältigung) berücksichtigt werden:

  • Verschlüsselte Verbindung (Zertifikate -> https)
  • Unwiderrufliches Löschen der Texte
  • Einsatz einer serverseitigen Firewall
  • Wahrung der Schutzrechte der Autoren (Kopierschutz)
  • Server in der EU (Vereinbarung zur Auftragsverarbeitung (AV-Vertrag) gemäß DSGVO)
  • Technische & organisatorische Maßnahmen definiert -> TOM
  • Regelmäßig Wartung des Servers (Sicherheitspatches, Updates)
  • Sichtbarkeit, wer gerade mitliest (ggf. Option zur Zugriffssteuerung, Passwortschutz)
  • System-Backup (Kundendaten müssen gelöscht sein bzw. im Backup weiterhin geschützt bleiben)

(Stand 09.08.2022)

Änderung im Umsatzsteuergesetz (§ 4 Nr. 16)

Viele Schriftdolmetscher*innen in Deutschland erbringen nach § 4 Nr. 16 UStG ihre Leistungen umsatzsteuerfrei. Hierzu hat der BSD im Februar 2020 ein Positionspapier veröffentlicht.

Der Anwendungsfall für Gebärden- und Schriftdolmetscher*innen ist seit dem 1.1.2021 nicht mehr unter dem Buchstaben l im Gesetzestext geregelt, sondern unter § 4 Nr. 16 Buchst. m UStG.
Wir bitten um Beachtung.

Stellungnahme zur Automatischen Spracherkennung (ASR) | BSD|AG ASR

Schriftdolmetscher*innen übertragen gesprochene Sprache in gut lesbaren Text, damit alle Menschen die verbalen und nonverbalen Inhalte aufnehmen und an dem Gespräch teilhaben können, auch wenn sie eine Hörbeeinträchtigung haben, wenn die gerade gesprochene Sprache für sie eine Fremdsprache ist oder wenn sie sich in Umgebungen mit schlechter Akustik befinden.

Der Bundesverband der Schriftdolmetscher*innen Deutschlands vertritt die beruflichen Interessen der in ihm organisierten Schriftdolmetscher*innen, klärt die Gesellschaft über die Leistungen von Schriftdolmetscher*innen auf und setzt sich aktiv für die Sicherung und Steigerung der Qualität der angebotenen Leistungen ein.

Als Bundesverband der Schriftdolmetscher*innen Deutschland begrüßen wir die neueren Entwicklungen auf dem Feld der automatischen Spracherkennung (ASR). Apps und Software mit automatischer Spracherkennung ermöglichen Menschen mit Hörbeeinträchtigung ein Stück weit Autonomie in Kommunikations-Situationen. Sie sind vor allem in informellen Gesprächssituationen eine Hilfe, in denen die Sprecher*innen gewillt und in der Lage sind, den automatisch erzeugten Text mit der gewünschten Aussage abzugleichen und Fehler und Auslassungen zu korrigieren.

Wir warnen jedoch ausdrücklich davor, technische Möglichkeiten als pauschale Lösung für die Herausforderungen der Inklusion von Menschen mit Hörbeeinträchtigung zu werten und zu implementieren.

Schriftdolmetscher*innen übertragen Sinneinheiten und orientieren sich in der Gestaltung der Textform an den Bedürfnissen der Nutzer*innen. Der gesprochene Text kann z. B. Wort für Wort verschriftlicht, schriftsprachlich geglättet, zusammengefasst oder vereinfacht werden. Darüber hinaus übertragen sie auch nicht-sprachliche Informationen, die Guthörende automatisch aufnehmen, z. B. Emotionen oder Nebengeräusche.

ASR dagegen erkennt in Sprache keinen Sinn. Sie findet mithilfe von statistischen Modellen Buchstabenfolgen, die mit großer Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Schallkurve entsprechen. Dafür benötigen Sie eine störungsfreie Tonquelle und einen standardsprachlichen Ausgangstext. Fehler, die auch bei besten Ausgangsbedingungen häufig sind, werden nicht korrigiert. Tonfolgen, für die keine ausreichend wahrscheinliche Entsprechung gefunden wird, werden kommentarlos nicht übertragen.

Schriftdolmetscher*innen können Ausgangston mit einem deutlich breiteren Qualitätsspektrum verarbeiten. Sie können mit Dialekten, Akzenten, undeutlicher Artikulation, sprachlichen Eigenheiten, Denglisch und eingestreuten fremdsprachlichen Segmenten umgehen. Den Text gliedern Schriftdolmetscher*innen mit Satzzeichen und Absätzen. Auslassungen und Unsicherheiten werden transparent markiert. Sie können auf Rückfragen der Nutzer*innen eingehen und versetzen diese in die Lage, auf Unklarheiten zu reagieren. Sie können auf Wunsch der Nutzer*innen auch moderierend in die Kommunikations-Situation eingreifen.

ASR liefert, unabhängig von der Qualität der Übertragung, einen scheinbar verbindlichen und unhinterfragbaren Text, der darüber hinaus von den meisten Systemen ohne konsistente Groß- und Kleinschreibung und ohne korrekte Zeichensetzung ausgeliefert wird. In dem automatisch erzeugten Text sind weder Sprecherwechsel markiert noch sinnvolle Absätze gebildet und zudem werden nonverbale Äußerungen wie z. B. Ironie nicht übertragen.

Wenn Veranstalter*innen ASR zuschalten und auf Schriftdolmetscher*innen verzichten, nehmen sie in Kauf, Menschen, die sich teilweise oder ausschließlich auf den Schrift-Text verlassen müssen, unvollständige und falsche Informationen zu übermitteln.

Menschen mit Hörschädigung – z. B. in der Ausbildung, im Arbeitsleben oder beim Arztbesuch – auf eine App auf dem eigenen Smartphone zu verweisen, bedeutet, den Betroffenen die Verantwortung dafür aufzuerlegen, die akustische Grundlage für Kommunikation selbst herzustellen und aufrechtzuerhalten. Sie können sich so – anders als die guthörenden Gesprächspartner*innen – nicht ausschließlich auf die Kommunikation konzentrieren, sondern müssen parallel dafür sorgen, dass Soft- und Hardware immer aktuell und kompatibel sind, sie müssen die Stromversorgung und die Datenverbindung sicherstellen und sie müssen – als Hörgeschädigte – dafür sorgen, dass der Ausgangston den Anforderungen der ASR entspricht.

Dies trägt nicht dazu bei, dass Menschen mit Hörbeeinträchtigung gleichberechtigt und auf Augenhöhe mit Guthörenden an Kommunikation als zentralem Aspekt des gesellschaftlichen und beruflichen Lebens teilhaben können.

Teilhabe an Kommunikation lässt sich nicht einfach installieren wie eine App, die man herunterlädt und abhakt. Teilhabe an einer barrierefreien Kommunikation ist ein individueller Prozess, der jedes Mal aufs Neue gestaltet werden muss. Als Berufsverband der Schriftdolmetscher*innen Deutschlands fordern wir Kostenträger, Veranstalter*innen, Arbeitgeber*innen und Behörden dazu auf, sich nicht auf die scheinbar einfache technische Lösung zurückzuziehen, sondern Menschen mit Hörschädigung die professionelle Leistung ausgebildeter Spezialist*innen zur Verfügung zu stellen, die ihnen zusteht. Nur so kann gleichberechtigte Teilhabe gelingen.

Berlin, 25.03.2021

Mitunterzeichner*innen:

DSB – Deutscher Schwerhörigenbund e.V.:

ÖSDV – Österreichischer SchriftdolmetscherInnen-Verband e.V.:

Wie verändert Corona die Arbeit der Schriftdolmetscher*innen in Deutschland?

Auch für Schriftdolmetscher*innen hat sich in ihrer Arbeit seit dem ersten Lockdown im März 2020 Vieles geändert. Wir wollten deshalb wissen, welche Auswirkungen die Corona-Pandemie auf die Arbeit der Schriftdolmetscher*innen konkret hat.

Dazu hat der Bundesverband der Schriftdolmetscher*innen Deutschlands e.V. (BSD) eine Online-Befragung durchgeführt.

Der Aufruf zur Teilnahme erfolgte über die Landesverbände des BSD und erreichte auch nicht im Verband organisierte Schriftdolmetscher*innen.

An der Umfrage haben 36 Personen teilgenommen, davon sind 24 in einem Landesverband des BSD organisiert. Dies entspricht ca. 25 Prozent aller im Verband organisierten Schriftdolmetscher*innen.

Befragungszeitraum war vom 21.12.2020 bis 31.01.2021.

Was wollten wir wissen?

Uns war klar, dass sich durch die Pandemie große Veränderungen für die tägliche Arbeit der Schriftdolmetscher*innen ergeben haben. Deshalb haben wir die folgenden drei Themenbereiche in die Befragung aufgenommen.

  • Auswirkungen auf Präsenzeinsätze
  • Veränderungen und Herausforderungen beim Online-Dolmetschen
  • Finanzielle Auswirkungen

Auswirkungen auf Präsenzeinsätze:

Präsenzeinsätze vor Ort (z.B. Universität, berufliche Begleitung und öffentliche Veranstaltungen) finden überwiegend nicht mehr statt. 90 Prozent der Antwortenden gaben an, dass sie seit März 2020 weniger als 25 Prozent ihrer Einsätze in Präsenz erbringen.

Bei den wenigen Präsenzeinsätzen, die möglich waren, wurde die Qualität der Hygienemaßnahmen durch die Dolmetscher*innen unterschiedlich beurteilt.

Nur etwa die Hälfte der Befragten gab an, dass sie sich vor Ort sicher und geschützt fühlten. Die andere Hälfte kritisierte die bestehenden Hygienekonzepte oder deren mangelhafte Umsetzung.

Veränderungen und Herausforderungen beim Online-Dolmetschen:

Die Zahl der Online-Einsätze hat deutlich zugenommen und die Mehrheit der Schriftdolmetscher*innen hat sich damit „arrangiert“. Über 60 Prozent gaben aber an, dass sie das Online-Dolmetschen als anstrengender und belastender empfinden als die Einsätze in Präsenz. Gründe hierfür liegen in der höheren auditiven und kognitiven Belastung und der Vielzahl an unterschiedlichen technischen Systemen, mit denen sie konfrontiert wurden.

Auch mangelndes technisches Know-How auf Seiten von Kund*innen und Veranstalter*innen führt zu einer höheren Belastung der Schriftdolmetscher*innen, die im Vorfeld von Einsätzen und auch währenddessen regelmäßig technischen Support leisten müssen.

Die finanziellen Auswirkungen:

Die finanziellen Auswirkungen durch die Corona-Pandemie waren für die Teilnehmer*innen an der Befragung enorm. Mehr als die Hälfte gab an, dass sie Corona-Hilfen und/oder sonstige staatliche Unterstützungsleistungen wie Grundsicherung oder Kurzarbeitergeld beantragt und erhalten haben.

65 % der Antwortenden erzielten in 2020 weniger Umsatz als in 2019. Diese Entwicklung hängt mit einem Wegfall von Einsätzen insgesamt zusammen, aber auch mit der Verlagerung in den Online-Bereich. Durch die Vielzahl an Online-Einsätzen verschiebt sich das Verhältnis von bezahlten Einsatzzeiten zu unbezahlten Arbeitszeiten. Während Vorbereitungszeit und technischer Abstimmungsaufwand zunehmen, werden die bezahlten Einsatzzeiten kürzer und bezahlte Reisezeiten entfallen komplett.

Die wirtschaftlichen Erwartungen der Schriftdolmetscher*innen für 2021 sind unterschiedlich. Einige sind verhalten optimistisch, andere sehr skeptisch. Eine Person gibt an, dass sie in 2020 den Beruf als Schriftdolmetscher*in aufgegeben hat, eine weitere Person denkt konkret darüber nach.
Den Vorstandmitgliedern des Bundesverbandes und der Landesverbände sind allerdings weitere Kolleg*innen bekannt, die den Beruf während der Pandemie bereits aufgegeben haben und deshalb von dieser Umfrage nicht mehr erreicht wurden.

Was folgern wir aus den Ergebnissen?

Die Verwerfungen durch die Corona-Pandemie waren auch für den Berufsstand der Schriftdolmetscher*innen erheblich. Vor allem die wirtschaftlichen Konsequenzen haben uns in dieser Deutlichkeit überrascht.

Für viele bedeutete Corona nicht nur Verdienstausfall durch den Wegfall von Einsätzen, vor allem in der ersten Welle, sondern auch Senkung der operativen Marge. Die Verlagerung in den Online-Bereich bedeutet einen höheren zeitlichen Aufwand verbunden mit einer geringeren Bezahlung. Es ist zu erwarten, dass wir auch nach der Pandemie nicht im gleichen Umfang zu Präsenzterminen zurückkehren werden wie vor März 2020.

Wir befürchten daher, dass der Beruf an Attraktivität verliert und dadurch zukünftig weniger Schriftdolmetscher*innen zur Verfügung stehen werden.

Berlin, im April 2021

Anregungen und Gedanken des Bundesverbands der Schriftdolmetscher*innen zur Anfrage des Deutschen Schwerhörigenbunds zum Konsultationsprozess „Teilhabe von Menschen mit Behinderungen unter den Bedingungen der Corona- Pandemie“

Berlin, 29.10.2020

Im Zuge des DVfR- Konsultationsprozesses hat sich unser Verband mit folgender Stellungnahme beteiligt: In diesem Schreiben finden Sie die Einschätzung des Bundesverbandes der Schriftdolmetscher*innen in Deutschland zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie und den damit verbunden Herausforderungen für unsere hörgeschädigten Kund*innen. Uns geht es darum, die Auswirkungen und Herausforderungen zu beschreiben, die wir seit Auftreten der Corona-Pandemie als Schriftdolmetscher*innen in unserer Arbeit für unsere Kund*innen wahrnehmen. Diese Herausforderungen und Probleme betreffen dabei verschiedene Themenfelder der Rehabilitation und Teilhabe, so dass wir keine explizite Zuordnung zu den vorgeschlagenen fünf Feldern vorgenommen haben.

1. Verlagerung der Kommunikation in den Online-Bereich

Mit Auftreten der Corona-Pandemie haben sich in vielen Fällen Aktivitäten in den Online-Bereich verlagert. Dies betrifft z.B. Besprechungen im Arbeitsleben, Fortbildungen, Schulunterricht, Vorlesungen, Tagungen, Sitzungen aber auch kulturelle Angebote. Hierdurch ergeben sich für Menschen mit Kommunikationseinschränkungen besondere Erschwernisse.

Im Rahmen von Videokonferenzen ist das Mundbild der Sprecher*innen nicht oder nur teilweise sichtbar, die Übertragung von Ton und Bild ist technisch bedingt häufig nicht synchron. Nonverbale Informationen, die beim Präsenzgeschehen zu einem besseren Verstehen führen, fehlen online.

Die eingesetzten Online-Konferenzsysteme sind vielfältig, der Umgang damit unterschiedlich. Für viele unserer Kund*innen stellt dies eine hohe Hürde dar, besonders dann, wenn kein profundes technisches Verständnis für digitale Lösungen vorhanden ist. Die technische Ausstattung zuhause sowie die Qualität der Internetanbindung vieler Teilnehmer*innen ist ebenfalls oft unzureichend. Mit dieser Problematik haben alle Nutzer*innen digitaler Angebote zu tun, Menschen mit Höreinschränkung sind aber in besonderem Maße betroffen, da verbale Erklärungen und Erläuterungen für sie nicht im gleichen Umfang nutzbar sind wie für guthörende Menschen.

Leider erleben wir nicht selten, dass Menschen mit Hörschädigung bei Online- Konferenzen ausgegrenzt werden. Treten bei ihnen technische Schwierigkeiten auf, werden sie mitunter nicht ernst genommen oder übergangen. Schriftdolmetscher*innen können bei der Online-Kommunikation eine wichtige Unterstützung liefern. Aufgrund der o.g. Problematik sind wir Schriftdolmetscher*innen dabei oft nicht nur in unserer eigentlichen Rolle tätig, sondern leisten regelmäßig intensiven technischen Support, teilweise nebenbei zur Mitschrifterstellung über Chat oder andere Kanäle. Dies stellt für uns eine erhebliche Mehrbelastung dar, die in Einzelbesetzung nicht zu leisten ist.

Die Abstimmung und Klärung der technischen Möglichkeiten im Vorfeld einer Online- Dolmetschung ist für uns Schriftdolmetscher*innen oft langwierig und kompliziert. Der damit verbundene Zeitaufwand wird uns in der Regel nicht vergütet. Auch die Kund*innen erfahren eine zusätzliche Belastung durch die virtuelle Teilnahme an einem Dolmetschsetting – wird die Technik vor Ort in Präsenzeinsätzen ausschließlich von den Schriftdolmetscher*innen gestellt und bedient, so wird ein nicht unerheblicher Teil der technischen Realisierung beim Online-Dolmetschen auf die Kund*innen übertragen. Dies führt zu einer Mehrbelastung und entspricht unserer Meinung nach nicht mehr der umfänglichen Dienstleistung, die wir in Präsenzeinsätzen anbieten. Zudem erschweren datenschutzrechtliche Restriktionen in vielen Unternehmen und vor allem Behörden den Einsatz des Online-Schriftdolmetschens oder machen ihn unmöglich. Auch bei Video-Sprechstunden im medizinischen Bereich ist der ergänzende Einsatz von Schriftdolmetscher*innen aufgrund datenschutzrechtlicher Bedenken schwierig. Die Teilhabemöglichkeiten von Menschen mit Höreinschränkung haben sich durch die Verlagerung vieler Aktivitäten und Veranstaltungen in den Online-Bereich aus unserer Sicht deutlich verschlechtert.

Es bedarf einer Sensibilisierung für diese Problematik in der Gesellschaft, besonders bei

Arbeitgebern und Kostenträgern.

Aufklärung, Beratung und Schulung, z.B. durch die Selbsthilfeorganisationen und die Integrationsfachdienste spielen hierbei eine wichtige Rolle. Der Anteil an Online-Terminen wird auch nach der Corona-Pandemie auf hohem Niveau bleiben. Menschen mit Höreinschränkung sollten deshalb in diesem Bereich der Digitalisierung fit gemacht werden.

2. Auswirkungen der Pandemie auf Präsenz-Unterstützung durch Schriftdolmetscher*innen

Aufgrund geltender Hygienebestimmungen ist es Schriftdolmetscher*innen in vielen Situationen nicht mehr möglich, vor Ort für Menschen mit Hörschädigung tätig zu werden.

Geltende Bestimmungen führen z.B. dazu, dass für Dolmetscher*innen bei Besprechungen „kein Platz mehr ist“. In Krankenhäusern oder Rehaeinrichtungen ist aufgrund sehr strenger Regelungen und teilweiser Besuchsverbote ein Zugang von Schriftdolmetscher*innen nicht (mehr) möglich. Umgekehrt haben wir in den letzten Monaten erlebt, dass Schutzkonzepte der Veranstalter nicht ausreichend waren, wodurch wir Schriftdolmetscher*innen uns trotz eines eigenen strengen Hygienekonzeptes einer Gefährdung ausgesetzt fühlten.

Vor dem Hintergrund, dass wir Dolmetscher*innen in der Regel viel unterwegs sind und zahlreiche Begegnungen haben, gefährdet dies nicht nur unsere eigene Gesundheit, sondern auch die unserer Kund*innen. Einige Kolleg*innen haben deshalb in den letzten Monaten auf Präsenzeinsätze verzichtet. Dies verschärft nicht nur die teilweise massiven wirtschaftlichen Verluste, die sich seit dem Lockdown für unsere Berufsgruppe ergeben haben, sondern reduziert auch die Verfügbarkeit geeigneter Schriftdolmetscher*innen für unsere Kund*innen.

3. Einsatz von automatisierter Spracherkennung

Im Rahmen von Online-Formaten setzen einige Veranstalter und Organisatoren auf automatisiert erstellte Untertitel, in der Annahme, damit der Barrierefreiheit Genüge zu tun. Diese KI-gestützten Systeme erreichen jedoch bei weitem nicht die Qualität, die für unsere Kund*innen in ihrem Kontext für eine adäquate Teilhabe erforderlich wäre. Besonders in Live-Situationen und bei mehreren Teilnehmer*innen sind diese Systeme aus unserer Sicht völlig unzureichend und können die Arbeit qualifizierter Schriftdolmetscher*innen nicht ersetzen.

4. Fazit

Menschen mit Hör- und Kommunikationseinschränkungen sind ohnehin durch die zunehmende Vielfalt und Geschwindigkeit in der täglichen Kommunikation sehr belastet. Durch die Corona-Pandemie hat sich ihre Situation extrem zugespitzt. Hier besteht aus unserer Sicht die große Gefahr, dass der ohnehin fragile Fortschritt in der Barrierefreiheit für hörgeschädigte Menschen zum Stillstand kommt oder sogar Rückschritte macht. Wir sind der Meinung, dass die Unterstützung für Menschen mit einer Hörschädigung gerade in diesen Krisenzeiten erheblich ausgebaut werden muss. Dazu zählen neben Unterstützung bei der Digitalisierung in Hard- und Software auch die Sensibilisierung der Kostenträger und proaktive Angebote für sowohl Kostenträger und Arbeitgeber als auch hörbehinderte Menschen im Umgang mit dem Online-Schriftdolmetschen. Barrierefreiheit muss ausgeweitet werden mit niedrigschwelligen digitalen Angeboten, auf die jede*r Hörgeschädigte problemlos Zugriff hat.

Mit freundlichen Grüßen

Der Vorstand des Bundesverbandes der Schriftdolmetscher*innen Deutschlands e. V.

(BSD)

Die erste digitale Fortbildung des BSD: „Qualität von Schriftdolmetscher*innenleistungen“

Am Samstag, den 26.9.20 fand die erste digitale Fortbildung des BSDs zum Thema „Qualität von Schriftdolmetscher*innenleistungen“statt. Es begann mit einem spannenden Vortrag von Daniela Eichmeyer-Hell, die über ihre Dissertation zum Thema „Schriftdolmetschen – Realisierungsformen im qualitätsorientierten Vergleich“ berichtete. Danach folgte eine aktive und bereichernde Arbeit der Mitglieder in den sogenannten Breakout rooms. Dort ging es im Workshop 1 um sprachliche Konventionen und im Workshop 2 um die nicht sprachlichen Konventionen beim Schriftdolmetschen. Wir konnten einen Rekord an Teilnehmer*innen verzeichnen. Es war ein toller Austausch mit euch und wir freuen uns schon aufs nächste Mal.

Unser herzlicher Dank geht an Daniela und Mario für gelungene Workshops und den Vortrag.