Stellungnahme des
Bundesverbandes der Schriftdolmetscher Deutschlands e. V.
Sehr geehrte Damen und Herren,
als Dachverband der
regionalen Vereinigungen der Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher in
Deutschland ist uns Ihr Schreiben an den Berufsverband der Schriftdolmetscher
Berlin/Brandenburg-Norddeutschland e. V. vom 27.07.2018 zugeleitet worden, zu
dem wir uns wie folgt äußern möchten:
Die Einführung einer
staatlichen Prüfung für Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher bedeutet
eine Gleichstellung mit den Leistungen von Gebärdensprachdolmetscherinnen und
Gebärdensprachdolmetschern.
In Berlin arbeiten
Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher in vielen Bereichen bereits zum
gleichen Honorarsatz wie Gebärdensprachdolmetscherinnen und
Gebärdensprachdolmetscher, beispielsweise ist dies bei allen Krankenkassen und
auch bei Gericht der Fall. Es greifen hierbei die Reglungen des JVEG. Zudem
verweisen wir eindringlich auf die Verwaltungsvorschriften der Senatsverwaltung
für Integration, Arbeit und Soziales für Honorare im Bereich Sozialwesen
(HonVSoz) vom 14. August 2018, in Kraft getreten am 25. August 2018. Dort wird
ausdrücklich der Stundensatz in Höhe von 75,00 € für simultanes Dolmetschen von
staatlich geprüften Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfern
genannt.
Inzwischen arbeiten die
ersten staatlich geprüften Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher erfolgreich
im Bundesgebiet. Im Zuge dessen wurden bereits in den meisten Bundesländern die
Honorare entsprechend angepasst. Die Bundeshauptstadt sollte, wie in dem o. g.
Schreiben des Landesverbandes gefordert, die Honorar- bzw. Stundensätze für
Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher, die die staatliche Prüfung
erfolgreich abgelegt haben, an die der Gebärdendolmetscherinnen und
Gebärdendolmetschern mit anerkanntem Berufsabschluss angleichen.
Verweisen möchten wir
außerdem auf die Kommunikationshilfenverordnung (KHV), die sich bereits im
November 2016 geändert hat. Dort heißt es, dass: „eine Vergütung in Höhe des
Honorars für Dolmetscher, (…) gemäß § 9 Absatz 3 Satz 1 des Justizvergütungs-
und -entschädigungsgesetzes für
simultanes Dolmetschen“ diejenigen Dolmetscher erhalten, die staatlich geprüft
sind. Bereits diese Änderung hat in vielen Bundesländern (beispielsweise
Nordrhein-Westfalen oder schon 2015 in Hamburg) zu der Angleichung der
Honorarsätze der Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher geführt. So zum
Beispiel auch im Land Brandenburg für Leistungen, die im Auftrag des
Integrationsamtes erbracht werden (s. anliegende Neuregelung vom 13.04.2017).
Ihre Argumentation im
Hinblick auf die Verfügbarkeit der Leistung in Berlin kann nicht nachvollzogen
werden. Entgegen Ihrer Annahme kann die überschaubare Anzahl an
Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetschern den Bedarf nicht decken. Dies
gilt nicht nur für Berlin, sondern bundesweit. Diese Rückmeldung erhalten wir
insbesondere aus den Kreisen der Betroffenen. Ihre Einschätzung der
Marktentwicklung entspricht daher nicht den durch uns wahrgenommenen
tatsächlichen Umständen und erscheint insofern unzutreffend.
Angesichts der vielfältigen
Einsatzmöglichkeiten, die sich für Schriftdolmetscherinnen und
Schriftdolmetscher in Berlin (in Ministerien, bei Gericht, bei Kongressen, für
Krankenkassen und Veranstaltungen) und den angrenzenden Bundesländern schon
jetzt auf Grundlage der o. g. Gesetze und Verordnungen bieten, welche einen
Stundenlohn in Höhe von 75 Euro vorsehen, darf es nicht verwundern, dass es für
die Betroffenen im Berufsleben zunehmend schwieriger wird,
Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher für Einsätze gemäß der derzeit
geltenden BIH-Empfehlung für Berlin zu finden.
Zum Ihrem abschließenden
Punkt der Ausgleichsabgabe möchten wir auf eine diesem Schreiben anhängige
Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von mehreren Abgeordneten
und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag vom 22.05.2018 hinweisen. In Anlage 1
(Quelle: BIH Statistik) wird deutlich, dass in Berlin im Jahr 2016 579 Menschen
Arbeitsassistenz bezogen, im Jahr 2017 sank diese Zahl auf 479 Fälle.
Zeitgleich mit diesem Rückgang um 100 Fälle sind die Mittel, die den
Integrationsämtern aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehen, gestiegen.
Aus der Anlage 2 geht hervor, dass die zur Verfügung stehenden Mittel von
21.099.146,01 € (Jahr 2016) auf 27.991.198,26 € (Jahr 2017) gestiegen sind.
Angesichts dieses Anstiegs von rund 6,9 Mio. € binnen eines Jahres bei
gleichzeitig gesunkener Fallzahl erscheint es durchaus realistisch, die
erstrebte Angleichung der Honorare an die anderen Bundesländer beziehungsweise
an die der Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher umzusetzen,
damit auch in Berlin alle, die Schriftdolmetscher benötigen, am Arbeitsleben
voll, wirksam und gleichberechtigt teilhaben können.
Wir bitten Sie daher, Ihre
in dem Schreiben an den Landesverband der Schriftdolmetscher Berlin,
Brandenburg-Norddeutschland e. V. gemachten Ausführungen noch einmal zu überprüfen,
um der Aufgabe des Integrationsamts zur Eingliederung ins Arbeitsleben
inklusive Minderung von Behinderungsfolgen auch zukunftssicher nachzukommen.
Mit freundlichen Grüßen
Der Vorstand des BSD