Positionspapier BSD: Umsatzsteuer

Um den Kontext klarzumachen, wird zu Beginn eine kurze Zusammenfassung gemacht:
Kern ist die Regelung des § 4 Nr. 16 Buchst. l UStG. (*)
Ҥ 4 Steuerbefreiungen bei Lieferungen und sonstigen Leistungen
Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:

16. die mit dem Betrieb von Einrichtungen zur Betreuung oder Pflege körperlich, geistig oder seelisch hilfsbedürftiger Personen eng verbundenen Leistungen, die von
l) Einrichtungen, bei denen im vorangegangenen Kalenderjahr die Betreuungs- oder Pflegekosten in mindestens 25 Prozent der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder der Sozialhilfe oder der für die Durchführung der Kriegsopferversorgung zuständigen Versorgungsverwaltung einschließlich der Träger der Kriegsopferfürsorge ganz oder zum überwiegenden Teil vergütet worden sind, erbracht werden.
Leistungen im Sinne des Satzes 1, die von Einrichtungen nach den Buchstaben b bis l erbracht werden, sind befreit, soweit es sich ihrer Art nach um Leistungen handelt, auf die sich die Anerkennung, der Vertrag oder die Vereinbarung nach Sozialrecht oder die Vergütung jeweils bezieht; …”
Die Regelung wurde 2009 in das UStG aufgenommen, um im Zuge der Umsetzung der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie auch Pflegedienstleistungen umsatzsteuerfrei zu stellen, deren Erbringer nicht als soziale Einrichtung anerkannt sind. (im Jahre 2011 leicht geändert – der dort enthaltene Prozentsatz von 40 auf 25 % gesenkt).
Ziel der erwähnten EU-Mehrwertsteuerrichtlinie war die Entlastung der öffentlichen Sozialhaushalte.
Die Finanzministerien der Länder und des Bundes sind der Auffassung, dass auch Leistungen von GebärdensprachdolmetscherInnen unter diese Regelung fallen. Inzwischen haben sie sich dahingehend verständigt, dass dies auch für Schriftdolmetscherdienstleistungen gilt.
Es betrifft insbes. Leistungen nach § 54 und 75 SGB XII, 102 SGB IX und 19 Abs. 2 SGB II.
Auch wenn wir uns im Sinne dieser Vorschrift nicht für Einrichtungen halten und auch unsere Leistungen nach unserer Auffassung keine Pflege- und/oder Betreuungsleistungen sind, sind sich die Länder- und Bundesfinanzbehörden einig, dass auch Einzelpersonen sehr wohl als “Einrichtung” im Sinne dieser Vorschrift betrachtet werden können, und dasss der Begriff der Pflege und Betreuung sehr, sehr weit auszulegen sei und daher nicht nur – wie ursprünglich
gedacht – echte Pflegedienstleistungen unter diese Vorschrift fallen würden, sondern eben auch die Leistungen von GebärdensprachdolmetscherInnen, respektive SchriftdolmetscherInnen. Wichtig hierbei ist zu sagen, dass unsere Leistungen nicht als Betreuungs- oder Pflegeleistungen eingestuft werden, sondern als “eng verbundene Leistungen”, diesen feinen Unterschied gilt es zu beachten.
Letztendlich wird zur Begründung immer auch die Zielsetzung der genannten EU-Richtlinie herangezogen, die Sozialkassen zu entlasten, und daher könnten eben auch weitere als die ursprünglich gedachten Leistungen unter diese Regelung fallen, so die Auslegung durch die Finanzbehörden. Wir dürfen sogar davon ausgehen, dass dies weitere andere Dienstleistungen im Sozialbereich betreffen kann.
Mittlerweile nutzen viele SchriftdolmetscherInnen diese Reglung und sind umsatzsteuerbefreit. Genaue Daten liegen hierzu nicht vor.
Der Bundesverband der GebärdensprachdolmetscherInnen bemüht sich um die Ergänzung des § 4 UStG um eine weiteren Buchstaben in Nr. 16, nach der Leistungen von GebärdensprachdolmetscherInnen generelll umsatzsteuerfrei sind. Ziel ist es, über eine ergänzende oder geänderte Regelung im UStG die Freistellung von der Umsatzsteuer für sämtliche Leistungen unabhängig einer prozentualen Schwelle zu erreichen. Auf diese Weise hätte sich die Problematik der Fallzählungen und der mit einem entsprechenden Nachweis verbundenen Schwierigkeiten erledigt.
Der Bundesverband der Schriftdolmetscher e.V. (BSD) schließt sich in diesem Positionspapier den Bemühungen des Bundesverbandes der GebärdensprachdolmetscherInnen an. Ein eigener Buchstabe im Gesetz wird auch vom BSD befürwortet. “
Eine verbindliche Empfehlung können wir unseren Mitglieder aber nach wie vor nicht geben. Es liegt in der Verantwortung jedes einzelnen, die für sie/ ihn passende Entscheidung bezüglich ihrer/ seiner umsatzsteuerrrechtlichen Behandlung selbst zu treffen.

Berlin, 19.02.2020

(*) Nachtrag: Seit dem 1.1.2021 befindet sich diese Regelung in § 4 Nr. 16 Buchst. l UStG.

Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher im sozialen Bereich

Menschen mit Hörbehinderung sind in allen Bereichen des Lebens aktiv und sollen dort in der Kommunikation entsprechende Unterstützung erhalten. Während im beruflichen Bereich, in Schule, Studium und Ausbildung, bei Arztbesuchen und Gerichtsterminen der Einsatz von Schriftdolmetschern gefestigt ist, wird der soziale Bereich bisher eher stiefmütterlich behandelt. Dabei ist klar festzuhalten, dass auch dieser Bereich eine zentrale Stellung im Leben von Menschen hat und auch dort professionelle Unterstützung gefordert ist.


Für eine soziale Teilhabe (vgl. SGB IX, § 78) benötigen Menschen mit Hörbehinderung Gebärdensprachdolmetscher, Schriftdolmetscher oder andere geeignete Kommunikationshilfen, um simultan und in Echtzeit an der Kommunikation teilhaben zu können, z. B. im Ehrenamt, in der Betreuung ihrer Kinder, in Absprachen mit Banken und Versicherungen etc. p.p. Welche Form der Unterstützung Menschen mit Hörbehinderung nutzen, wählen sie selbst (Wunsch- und Wahlrecht).

Bezüglich Kommunikation mit Hilfe von Schriftdolmetschern/Schriftdolmetscherinnen: Um eine solche simultane Echtzeit-Kommunikation zu gewährleisten, werden professionelle Kräfte bevorzugt eingesetzt, die folgende Kriterien erfüllen:

1. Zertifikat von Deutscher Schwerhörigenbund e. V., Kombia GbR, Akademie Z & P, SDIMuc oder andere vergleichbare Zertifikate (z. B. aus dem deutschsprachigen Ausland) oder die Staatliche Prüfung

2. Anerkennung und Einhaltung der Berufs- und Ehrenordnung der Schriftdolmetscher

3. Regelmäßige Tätigkeit als Schriftdolmetscher

4. Regelmäßiger Besuch von Fortbildungsveranstaltungen.


Die unterschiedlichen Aspekte (1.-4.) können durch die Aufführung des Schriftdolmetschers/der Schriftdolmetscherin im Schriftdolmetscherregister des Bundesverbands der Schriftdolmetscher Deutschlands e. V. ( https://bsd-ev.org/register/) belegt werden.


Ab 60 Minuten arbeiten Schriftdolmetscher zur Qualitätssicherung in Doppelbesetzung. Ausnahmen, in denen eine Einzelbesetzung ohne Qualitätseinbußen denkbar sind: – in kleinen Gruppen (bis zu 3 Personen ohne Dolmetscher), wenn der Dolmetscher selbst die Pausen/Unterbrechungen steuern kann – wenn es einen Praxisanteil von über 50 % gibt, während dessen nicht gedolmetscht wird

Die im Bundesverband organisierten Schriftdolmetscherinnen engagieren sich für eine volle Teilhabe von Menschen mit Hörbehinderungen in allen Lebensbereichen. Wir begrüßen die Ausweitung der Möglichkeiten, die das neue SGB IX bietet.

Handhabe von Live-Mitschriften: Berufsethische und rechtliche Aspekte für Deutschland und Österreich DANIELA EICHMEYER – MARIO KAUL – BIRGIT NOFFTZ

Abstract: Die Digitalisierung ermöglichte es, hörgeschädigten Personen immer bessere simultane Schriftdolmetschung zu bieten. Oft werden die dabei produzierten Mitschriften zur weiteren Verwendung angefordert, ohne die rechtlichen und berufsethischen Konsequenzen zu bedenken. Da es dazu bisher keine Literatur gibt, werden in diesem Artikel Begriffsbestimmungen vorgenommen, sowie die berufsethischen und die rechtlichen Aspekte, insbesondere, was Datenschutz und Urheberrecht betrifft, beleuchtet, und die Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Handhabe von Mitschriften gezogen

http://comejournal.com/wp-content/uploads/2019/06/6.-CoMe-III-1-2018.-EICHMEYER-KAUL-NOFFTZ.pdf?fbclid=IwAR1cdnGe0EybXdQdshT0pAC5ByXVS17gXQ3OOr8HMKoS4DW6N9dcR5GLFOM

Bundesversammlung 21.09.2019

Wir hatten eine erfolgreiche Bundesversammlung am Samstag, den 21.09.2019. Wir bedanken uns bei Babette Kemnitz-Hille und Birgit Nofftz für die langjährige und engagierte Arbeit im Vorstand. Wir begrüßen unsere neuen Vorstandsmitglieder Carmen Hick und Isabel Klemm. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit. Unsere Schwerpunkte bei der diesjährigen Bundesversammlung waren die Wahl,
wir haben eine Sonder-Bundesversammlung per Skype zur DSGVO angekündigt, es gab die Neuigkeiten aus den Verbänden, wir sprachen über Umgang mit Mitschriften, Live-Stream und Paper, die AG Öffentlichkeitsarbeit und die AG Qualität stellten ihre Arbeit vor. Des Weiteren ging es um das Register
und die Frage nach einer Mitgliedschaft im DSB. Weitere Informationen werden alle Mitglieder demnächst dem Protokoll entnehmen können.

Stellungnahme zur Situation in Berlin

Stellungnahme des Bundesverbandes der Schriftdolmetscher Deutschlands e. V.

Sehr geehrte Damen und Herren,

als Dachverband der regionalen Vereinigungen der Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher in Deutschland ist uns Ihr Schreiben an den Berufsverband der Schriftdolmetscher Berlin/Brandenburg-Norddeutschland e. V. vom 27.07.2018 zugeleitet worden, zu dem wir uns wie folgt äußern möchten:

Die Einführung einer staatlichen Prüfung für Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher bedeutet eine Gleichstellung mit den Leistungen von Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetschern.

In Berlin arbeiten Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher in vielen Bereichen bereits zum gleichen Honorarsatz wie Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher, beispielsweise ist dies bei allen Krankenkassen und auch bei Gericht der Fall. Es greifen hierbei die Reglungen des JVEG. Zudem verweisen wir eindringlich auf die Verwaltungsvorschriften der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales für Honorare im Bereich Sozialwesen (HonVSoz) vom 14. August 2018, in Kraft getreten am 25. August 2018. Dort wird ausdrücklich der Stundensatz in Höhe von 75,00 € für simultanes Dolmetschen von staatlich geprüften Kommunikationshelferinnen und Kommunikationshelfern genannt.

Inzwischen arbeiten die ersten staatlich geprüften Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher erfolgreich im Bundesgebiet. Im Zuge dessen wurden bereits in den meisten Bundesländern die Honorare entsprechend angepasst. Die Bundeshauptstadt sollte, wie in dem o. g. Schreiben des Landesverbandes gefordert, die Honorar- bzw. Stundensätze für Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher, die die staatliche Prüfung erfolgreich abgelegt haben, an die der Gebärdendolmetscherinnen und Gebärdendolmetschern mit anerkanntem Berufsabschluss angleichen.

Verweisen möchten wir außerdem auf die Kommunikationshilfenverordnung (KHV), die sich bereits im November 2016 geändert hat. Dort heißt es, dass: „eine Vergütung in Höhe des Honorars für Dolmetscher, (…) gemäß § 9 Absatz 3 Satz 1 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes für simultanes Dolmetschen“ diejenigen Dolmetscher erhalten, die staatlich geprüft sind. Bereits diese Änderung hat in vielen Bundesländern (beispielsweise Nordrhein-Westfalen oder schon 2015 in Hamburg) zu der Angleichung der Honorarsätze der Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher geführt. So zum Beispiel auch im Land Brandenburg für Leistungen, die im Auftrag des Integrationsamtes erbracht werden (s. anliegende Neuregelung vom 13.04.2017).

Ihre Argumentation im Hinblick auf die Verfügbarkeit der Leistung in Berlin kann nicht nachvollzogen werden. Entgegen Ihrer Annahme kann die überschaubare Anzahl an Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetschern den Bedarf nicht decken. Dies gilt nicht nur für Berlin, sondern bundesweit. Diese Rückmeldung erhalten wir insbesondere aus den Kreisen der Betroffenen. Ihre Einschätzung der Marktentwicklung entspricht daher nicht den durch uns wahrgenommenen tatsächlichen Umständen und erscheint insofern unzutreffend.

Angesichts der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, die sich für Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher in Berlin (in Ministerien, bei Gericht, bei Kongressen, für Krankenkassen und Veranstaltungen) und den angrenzenden Bundesländern schon jetzt auf Grundlage der o. g. Gesetze und Verordnungen bieten, welche einen Stundenlohn in Höhe von 75 Euro vorsehen, darf es nicht verwundern, dass es für die Betroffenen im Berufsleben zunehmend schwieriger wird, Schriftdolmetscherinnen und Schriftdolmetscher für Einsätze gemäß der derzeit geltenden BIH-Empfehlung für Berlin zu finden.

Zum Ihrem abschließenden Punkt der Ausgleichsabgabe möchten wir auf eine diesem Schreiben anhängige Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von mehreren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE im Bundestag vom 22.05.2018 hinweisen. In Anlage 1 (Quelle: BIH Statistik) wird deutlich, dass in Berlin im Jahr 2016 579 Menschen Arbeitsassistenz bezogen, im Jahr 2017 sank diese Zahl auf 479 Fälle. Zeitgleich mit diesem Rückgang um 100 Fälle sind die Mittel, die den Integrationsämtern aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehen, gestiegen. Aus der Anlage 2 geht hervor, dass die zur Verfügung stehenden Mittel von 21.099.146,01 € (Jahr 2016) auf 27.991.198,26 € (Jahr 2017) gestiegen sind. Angesichts dieses Anstiegs von rund 6,9 Mio. € binnen eines Jahres bei gleichzeitig gesunkener Fallzahl erscheint es durchaus realistisch, die erstrebte Angleichung der Honorare an die anderen Bundesländer beziehungsweise an die der Gebärdensprachdolmetscherinnen und Gebärdensprachdolmetscher umzusetzen, damit auch in Berlin alle, die Schriftdolmetscher benötigen, am Arbeitsleben voll, wirksam und gleichberechtigt teilhaben können.

Wir bitten Sie daher, Ihre in dem Schreiben an den Landesverband der Schriftdolmetscher Berlin, Brandenburg-Norddeutschland e. V. gemachten Ausführungen noch einmal zu überprüfen, um der Aufgabe des Integrationsamts zur Eingliederung ins Arbeitsleben inklusive Minderung von Behinderungsfolgen auch zukunftssicher nachzukommen.

Mit freundlichen Grüßen                    

Der Vorstand des BSD

Europäische Schriftdolmetscherkonferenz in Berlin

Zum 3. Mal findet in diesem Jahr die ECOS (European Conference of Speech-to-Text) statt. Nach den Niederlanden und Finnland ist in diesem Jahr Deutschland und damit der Bundesverband der Schriftdolmetscher Deutschlands zusammen mit dem Regionalverband Berlin-Brandenburg-Niedersachsen Gastgeber.

In der Zeit vom 26. bis zum 28. August 2016 werden sich die Teilnehmer der Konferenz mit Nähe und Distanz beschäftigen und den sozialen, ethischen und wirtschaftlichen Normen, deren Vereinbarkeit vor Herausforderungen stellt. Vorträge und Workshops zum Thema der Konferenz (“Alternating between Closeness and Distance. Speech-to-Text-Reporters between the Poles of Social, Ehtical and Economic Norms”) regen zum Austausch mit Kollegen aus dem In- und Ausland an, der dann gemütlich beim abendlichen Grillen am Freitag oder beim Festabend am Samstag fortgesetzt werden kann.

Wer sich noch nicht angemeldet hat, hat noch bis zum 15. Mai die Gelegenheit mit Frühbucherrabatt zu starten.

Stellungnahme des Bundesverbands der Schriftdolmetscher Deutschlands e. V. und des Berufsverbands der Schriftdolmetscher Berlin-Brandenburg-Niedersachsen zur Einsatzsituation der SchriftdolmetscherInnen an den Berliner Hochschulen und Universitäten

Mit Beginn des Sommersemesters 2014 hat die Mehrheit der in Berlin tätigen und in unseren Verbänden organisierten SchriftdolmetscherInnen für sich entschieden, unter den derzeit geltenden Einsatzbedingungen nicht mehr an den Berliner Hochschulen und Universitäten tätig zu werden.

Seit nunmehr Jahren versucht der Bundesverband der Schriftdolmetscher Deutschlands e. V. gemeinsam mit dem Berufsverband der Schriftdolmetscher Berlin-Brandenburg-Niedersachsen als dem betroffenen Regionalverband mit den Stellen, die für die Vergabe der Integrationshilfen an Studierende in Berlin zuständig sind, ins Gespräch zu kommen und eine Verbesserung der Einsatzbedingungen hin zu den Standards zu erreichen, wie sie in den einschlägigen Gesetzen und Verordnungen (Sozialgesetzbücher, Gesetz zur Gleichstellung behinderter Menschen, Kommunikationshilfeverordnung) festgeschrieben sind und von anderen Kostenträgern in Berlin und bundesweit auch gewährleistet werden. Dabei wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass die Schriftdolmetscher auf längere Sicht nicht bereit sind, an den Berliner Hochschulen und Universitäten zu wesentlich schlechteren Bedingungen zu arbeiten, als sie bei Einsätzen für andere Auftraggeber die Regel sind.

Dennoch wurde von den Verantwortlichen kein Handlungsbedarf gesehen, da die Versorgung der Studenten mit der notwendigen Unterstützung angeblich nicht beeinträchtigt sei.

Nun, da es tatsächlich Betroffene gibt, die keine Dolmetscher mehr für ihr Studium in Berlin finden, steht der Vorwurf im Raum, die Schriftdolmetscher würden die Studenten zur Durchsetzung ihrer Interessen instrumentalisieren. Tatsächlich war die derzeitige Situation, über deren Tragweite für die betroffenen Studierenden wir uns durchaus bewusst sind und die wir sehr bedauern, absehbar und wurde von den Verantwortlichen in der Berliner Senatsverwaltung, den Hochschulen und dem Berliner Studentenwerk durch deren Haltung zumindest billigend in Kauf genommen. Leider ist noch immer keine Einsicht zu erkennen, dass die Berliner Hochschulen ihrem Auftrag, Integrationshilfen für behinderte Studenten bereitzustellen, nur dann nachkommen können, wenn sie für diejenigen, die diese Integrationshilfen erbringen, auch adäquate Arbeitsbedingungen schaffen.

Nachstehend soll daher für alle Betroffenen und Interessierten kurz umrissen werden, welche Konditionen für die Arbeit von SchriftdolmetscherInnen an den Berliner Hochschulen und Universitäten derzeit gelten und inwieweit diese von den sonst üblichen Einsatzbedingungen abweichen:

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Laut § 3 Kommunikationshilfenverordnung (KHV) bzw. § 6 und 9 des Gesetzes zur Gleichstellung behinderter Menschen (BGG) bzw. § 12 Abs. 2 des Berliner Landesgleichberechtigungsgesetzes (LGBG) sind Schriftdolmetscher „andere Kommunikationshilfen“, die Gebärdensprachdolmetschern gleichgestellt sind.

Die Vergütung richtet sich sowohl für Gebärdensprachdolmetscher als auch für Schriftdolmetscher in der Regel nach dem Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz (JVEG), was sich insbesondere auch in der Sozialgesetzgebung niederschlägt:

§ 17 SGB I
„Die für die Sozialleistung zuständigen Leistungsträger sind verpflichtet, die durch die Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten zu tragen; § 19 Abs. 2 Satz 4 des Zehnten Buches gilt entsprechend.“

§ 19 Abs. 2 Satz 4 SGB X:
„Falls die Behörde Dolmetscher oder Übersetzer herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Vergütung; mit Dolmetschern oder Übersetzern kann die Behörde eine Vergütung vereinbaren.“

Hieraus ist ersichtlich, dass die Regelvergütung in allen Bereichen der Sozialleistungen, zu denen auch der Einsatz von anderen Kommunikationshilfen wie Schriftdolmetschern im Studium zählt, nach JVEG erfolgt. Eine andere Vergütung kann vereinbart werden. Dies setzt allerdings auch voraus, dass eine Vereinbarung mit den betreffenden Personen bzw. deren berufsständischen Vertretern getroffen wird –  so etwa geschehen mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH), mit der die für Einsätze im Auftrag der Integrationsämter maßgebliche „Empfehlung der BIH zur Finanzierung von Kosten für Schriftdolmetscherleistungen“ erarbeitet wurde. Eine einseitige Festsetzung von Konditionen ist hingegen nicht vorgesehen.

Arbeiten Schriftdolmetscher auf Grundlage von JVEG oder BIH-Richtlinie, erfolgen Einsätze von mehr als 60 min Dauer in der Regel in Doppelbesetzung. Vergütet werden Einsatz-, Fahrt- und Wegezeiten, und es wird eine Wegstreckenentschädigung gewährt. Zudem wird umsatzsteuerpflichtigen Dolmetschern die Umsatzsteuer erstattet.

Zur Situation an den Berliner Hochschulen und Universitäten

In Berlin erfolgt die Vergabe der Integrationshilfen an Studierende nicht wie in anderen Bundesländern durch die Sozialhilfeträger, die an o.g. Regelungen gebunden wären, sondern gemäß § 9 Abs. 2 des Berliner Hochschulgesetzes (BerlHG) durch die Hochschulen und Universitäten direkt, die hierfür das Studentenwerk Berlin beauftragt haben. Einzelheiten sind in den „Richtlinien zur Anwendung des § 9 Abs. 2 BerlHG“ geregelt. Gemäß diesen Richtlinien richtet sich die Bezahlung der Schriftdolmetscher nach den Berliner Verwaltungsvorschriften für Honorare im Bereich Sozialwesen (HonVSoz), die Vergütung der Gebärdensprachdolmetscher nach dem Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz (JVEG).

Wir haben wiederholt auf diese nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung von Gebärdensprachdolmetschern und Schriftdolmetschern verwiesen, insbesondere jedoch auf die schlechten Einsatz- und Honorarbedingungen der HonVSoz, die sich unter www.berlin.de/sen/soziales/berliner-sozialrecht/land/av/honvsoz.html nachlesen lassen und sich kurz wie folgt zusammenfassen lassen:

keine Erstattung von Fahrtkosten und Fahrzeiten;
keine Erstattung der Umsatzsteuer (umsatzsteuerpflichtige Schriftdolmetscher müssen die Umsatzsteuer selbst aus dem gezahlten Honorar herausrechnen und ans Finanzamt abführen, verdienen also entsprechend weniger als Kollegen, die nicht umsatzsteuerpflichtig sind);
keine Gewährung von Doppelbesetzungen wie sonst ab einer Stunde Einsatzzeit üblich (seit letztem Semester wurden im Rahmen von Einzelfallentscheidungen zumindest für extrem lange Blockseminare Doppelbesetzungen genehmigt, den eingesetzten Schriftdolmetschern dann mit Verweis auf § 3 Abs. 2 HonVSoz aber nur 75% des üblichen Honorars gezahlt).

In der Praxis heißt das, dass man als Schriftdolmetscher nur die Wahl hat,

entweder für einen im Vergleich zu den üblichen Konditionen effektiv sehr niedrigen Stundensatz zu arbeiten – wenn etwa bei einem Einsatz von 1,5 h noch bis zu 3 h unbezahlte Fahrzeit und die für jeden Einsatz notwendige Vorbereitungszeit dazukommen; oder
die Nichterstattung der Fahrzeiten so zu kompensieren, dass mehrere Veranstaltungen hintereinander gedolmetscht werden, was bei fehlender Doppelbesetzung aber weder gesundheitlich vertretbar ist noch eine hohe Qualität der Schriftdolmetscherleistung gewährleisten kann.

Wie eingangs bereits dargelegt, haben wir über einen längeren Zeitraum wiederholt darauf aufmerksam gemacht, auf Dauer so nicht arbeiten zu können und zu wollen. Dabei waren wir uns immer bewusst, dass eine Lösung nicht von heute auf morgen herbeigeführt werden kann, und haben dies mit Rücksicht auf die betroffenen Studenten auch nie gefordert, sondern lediglich das Gespräch mit allen Beteiligten gesucht – bisher leider ohne Erfolg. Wir hoffen jedoch sehr, dass im Interesse der Studierenden eine Einigung erzielt werden kann, und sind jederzeit dazu bereit, unseren Beitrag dafür zu leisten.


Der Vorstand des Bundesverbands der Schriftdolmetscher Deutschlands e. V.

Der Vorstand des Berufsverbands der Schriftdolmetscher Berlin-Brandenburg-Niedersachsen
 

ECOS 2014 in Helsinki

European Conference of STTs

22-24 August 2014


Das Konferenzprogramm ist eine Mischung aus Vorträgen und Workshops zu aktuellen Themen des Schriftdolmetschens, wie z. B. Schriftdolmetschen im Fremdsprachenunterricht, neue Forschungsfelder, Spracherkennung und Ergonomie.

Aufruf: Wenn ihr eine Präsentation machen wollt oder ein Plakat zeigen wollt, schickt bitte ein kurze Zusammenfassung (Abstract) an ecosfinland@gmail.com bis zum 28. Februar 2014 (in Englisch bitte).

Die Konferenz findet im Hotel Pasila statt (https://www.sokoshotels.fi/en/helsinki/sokos-hotel-pasila). Sie beginnt am Freitag, den 22. August 2014 um 13:00 Uhr und endet am Sonntag, den 24. August 2014 um 15:00 Uhr

Die Teilnahmegebühr beträgt 340 Euro (bei Zahlung bis zum 30. April 2014), anschließend 450 Euro. Die Gebühr beinhaltet die Teilnahme am Programm und die Verpflegung (beginnend mit dem Mittagessen am Freitag bis zum Mittagessen am Sonntag). Die Kosten für die Unterbringung im Hotel Pasila beträgt 150 Euro/Person für 2 Nächte in einem Doppelzimmer bzw. 250 Euro/Person für 2 Nächte im Einzelzimmer. Die Teilnahmegebühr und die Übernachtungskosten werden nach der Registrierung fällig.

Die Konferenz ist von Kuuloliitto ry (Finnischer Schwerhörigenverband), Suomen kirjoitustulkit ry (Finnischer Schriftdolmetscherverband), HUMAK University of Applied Sciences und DIAK Diaconia University of Applied Sciences organisiert.
Mehr Informationen erhaltet ihr hier www.kuuloliitto.fi/fin/in_english oder bei sirpa.lauren@kuuloliitto.fi.


Wir freuen uns auf euch und heißen euch schon jetzt herzlich Willkommen!

Heidrun Gerzymisch verfasst Gutachten zum Begriff Schriftdolmetschen

Prof. Dr. Heidrun Gerzymisch beschäftigt sich seit mehr als zwei Jahrzehnten mit der ‘gemittelten” Kommunikation und gründete unter anderem das Advanced Translational Research Center (ATRC). Forschungsschwerpunkte ihrer Arbeit sind unter anderem die Begriffe und Methoden der Translationswissenschaft. In diesem Kontext hat sie bereits mehrfach das Schriftdolmetschen als intralinguale, multidimensionale Translation beschrieben. Nun hat sie zudem für den Bundesverband der Schriftdolmetscher Deutschlands e. V. ein Gutachten zum Begriff Schriftdolmetschen erstellt.

Neben eines Abriss der theoretischen Hintergründe und der aktuellen wissenschaftlichen Forschung wirft sie darin einen Blick auf gemeinsame Dolmetschprozesse.

Das gesamte Gutachten können Sie hier als PDF lesen.